Moderlieschen und Bitterlinge im Sielgraben
11.10.2025
In dieser Woche haben die Mitarbeiter der Fischereibiologischen Station Ems-Hase einen ca. 700 Meter langen Abschnitt des Sielgrabens Sustrum-Heede bei Dersum kartiert. Auf dieser Strecke verbindet der Graben zwei Seen, die einmal Teil der Ems waren – z.B. als Altarm, Nebengerinne oder Auengewässer. Die Ergebnisse überraschten extrem: Eine Gesamtzahl von 455 Fischen stand am Ende auf dem Protokoll, verteilt auf 10 Fischarten. Die häufigsten Fischarten waren das Moderlieschen (Leucaspius delineatus) mit 142 Individuen (31 %) und der Bitterling mit 105 Individuen (23 %).
Obwohl das Moderlieschen selten über 6 Zentimeter lang wird, gibt es bei dieser Fischart einige Besonderheiten wie die Brutpflege: Die Männchen bewachen die Eier, fächern ihnen Sauerstoff zu und verteilen eine antibakterielle Flüssigkeit über die befruchteten Eier, welche zuvor an Wasserpflanzen abgelegt und befruchtet worden sind. Auch ins Wasser hängende Uferpflanzen sind produktive Laichstandorte. Uferpflanzen sind dabei aber nicht nur für die Eiablage der Moderlieschen wertvoll – sie spenden Fischen Schatten und Deckung. Weiterhin reduzieren sie den Nährstoffeintrag in Gewässer und bieten Lebensraum für Tiere, die von Fischen als Nahrung genutzt werden.
Gräben müssen regelmäßig gepflegt werden, damit sie ihre vorgesehene Funktion, die Entwässerung, ordnungsgemäß ausführen. Bei der Unterhaltung dieser Gewässertypen wird oft eine beidseitige Böschungsmahd vollzogen und damit der gesamte Uferbewuchs entfernt. Am Sielgraben Sustrum-Heede wurde allerdings nur eine einseitige Böschungsmahd durchgeführt. Die dokumentierte Fischfauna ist ein Hinweis auf die ökologische Nachhaltigkeit dieser angepassten Gewässerunterhaltung. Ziel sollte es sein, einen Kompromiss zu finden; durch Unterhaltungsmaßnahmen, die einerseits den ordnungsgemäßen Abfluss gewährleisten, jedoch die Strukturen bewahren, die Fische in ihrem Lebenszyklus benötigen.
Laut der Roten Liste Niedersachsens ist das Moderlieschen aktuell mäßig häufig, jedoch langfristig stark rückgängig. Dies liegt unter anderem am Verschwinden von geeigneten Lebensräumen. Viele Auengewässer wurden zugeschüttet oder sind verlandet. Neue Auengewässer können nicht mehr entstehen, durch die vom Menschen veränderte Flussdynamik. Nachhaltig unterhaltene Gräben sind ein wichtiger Ersatzlebensraum für Moderlieschen und viele weitere Auenbewohner, was auch diese Kartierung wieder veranschaulicht hat.
