Aalwanderung bis zur Sargassosee verfolgt
06.12.2023
In der Ausgabe vom 24. Dezember 2022 verkündete die Neue Zürcher Zeitung, dass das Rätsel um die Fortpflanzung der Aale gelöst sei. Die Fortpflanzung des Aals gibt bekanntlich immer noch Rätsel auf. Noch nie konnten Aale in freier Natur bei der Fortpflanzung beobachtet werden und selbst der Ort des Geschehens war mit der Sargassosee bislang mehr eine Vermutung als eine bewiesene Tatsache. Um eine genaue Lokalisierung vornehmen zu können, haben Wissenschaftler immer wieder Aale mit Sendern versehen. Aber immer wieder verlor sich deren Spur in den Weiten des Ozeans.
Nun ist es erstmals gelungen, den Weg der Aale bis zum Ziel ihrer Laichwanderung zu verfolgen, berichtet die Fachzeitschrift „Scientific Reports“. Ein Forscherteam hatte rund zwei Dutzend Europäische Aale bei ihrer Wanderung verfolgt. Einige schafften es samt Sender bis in die Sargassosee.
Die bisherigen Versuche, die Aale so weit zu verfolgen, scheiterten an dem langen Weg von Festland aus. Die Tiere mit Sender wurden entweder von Räubern gefressen oder die Laufzeit der Sender reichte nicht bis zum Ende der Reise aus.
Die Forscher um die Biologin Rosalind Wright haben sich nun den Umstand zunutze gemacht, dass Aale auch in den Binnengewässern der Azoren leben. Von der Inselgruppe aus ist der Weg in die Sargassosee um etwa 3000 Kilometer kürzer als vom Europäischen Festland. So entstand die Idee, die Wanderung der Aal von den Azoren aus zu überwachen.
Auf den Azoren machten sich die Forscher auf die Suche nach ausreichend großen Aalen, um sie mit Satellitensendern versehen zu können. Die Sender werden am Rücken der Aale befestigt und lösen sich nach einer vorgegebenen Zeit. Wenn sie sich gelöst haben, können die Daten über die Wanderung des Fisches ausgewertet werden.
Die Forscher versahen insgesamt 26 große Aale auf den Azoren mit Sendern und entließen sie gegen Jahresende an der Küste der Inselgruppe. Da man annahm, dass die Aale zwischen Februar und Mai in der Sargassosee laichen, stellten die Wissenschaftler die meisten Sender so ein, dass sie sich nach einem halben Jahr von den Fischen lösten. Als die Geräte auftauchten, befanden sie sich allerdings erst auf halber Stecke zu dem vermuteten Zielort.
Nur sechs Geräte liefen über die maximale Zeit von einem Jahr. Wright stellte sich schon darauf ein, dass sie gar keine Daten mehr erhalten würde, doch dann tauchten die verbliebenden Sender im Bereich der Sargassosee auf.
Dass die Aale sich in der Sargassosee fortpflanzen hatte der dänische Biologe Johannes Schmidt bereits 1922 vermutet. Er untersuchte jahrelang Aallarven im Atlantik und fand die kleinsten Exemplare im Bereich der Sargassosee. Er berechnete danach die Stelle, an der sich die Aale seiner Vermutung nach fortpflanzen. Genau in dem berechneten Bereich tauchte nun auch einer der Sender auf. Schmidts Vermutungen wurden damit bestätigt.
Überrascht zeigten sich die Wissenschaftler davon, dass die Aale viel langsamer wandern als angenommen. Von den Azoren aus benötigen sie noch mindestens ein Jahr, um das Ziel ihrer Reise zu erreichen. Offenbar nehmen sie auch nicht immer den direktesten Weg. Warum das so ist und wie die Aale navigieren, ist nach wie vor unbekannt.
Rosalind Wright und ihre Kollegen wollen noch mehr zum Paarungsverhalten der Aale herausfinden. Mit einigen Tricks konnten die Forscher die Lebensdauer ihrer Sender auf 18 Monate verlängern. Damit haben sie Ende 2021 mehrere Europäische Aale von den Azoren aus auf die Reise geschickt. Noch immer sind davon fünfzehn Fische unterwegs.
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