Jahreshauptversammlung des DAFV 2022
29.06.2022
Am 25.06.2022 fand im Crowne Plaza Hotel in Berlin die Jahreshauptversammlung 2022 (JHV) des Deutschen Angelfischerverbandes e.V. (DAFV) statt. Vor den geladenen Gästen aus Politik und Forschung sowie den Vertretern der Mitgliedsverbände eröffnet DAFV-Präsident Klaus-Dieter Mau die JHV. Die Rede steht im Zeichen der gesellschaftlichen Anerkennung, aktuellen Herausforderungen zum Schutz der Fischbestände, der Europäisierung von Entscheidungen und den digitalen Chancen für die Freizeitfischerei in Deutschland.
Dr. Clemens Gero Hocker, Bundestagsabgeordneter der FDP und Präsident des Deutschen Fischerei-Verbandes e.V., erkennt in seinem Grußwort die vielfältigen ehrenamtlichen Leistungen der Anglerinnen und Angler an und hebt die wichtige aktive naturschutzfachliche Arbeit an den Gewässern heraus. Dazu appelliert er im Rahmen zahlreicher gemeinsamer Interessen der Berufs- und Freizeitfischer, diese öffentlich auch geschlossen zu vertreten. Hocker erteilt einigen zweifelhaften Spendensammelverbänden eine Absage, welche es sich zum Ziel gesetzt haben, Angler und Fischer öffentlich zu defamieren. Er will weiter dafür eintreten, steuerliche Vorteile in Form einer anerkannten Gemeinnützigkeit für diese Art der Organisationen abzuschaffen.
Alois Bauer, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Unterabteilungsleiter „EU-Angelegenheiten, Fischerei“, bedankt sich für die konstruktive Zusammenarbeit des DAFV mit dem BMEL in nationalen und europäischen Angelegenheiten. Mit Sorge sieht Bauer die Bestandsentwicklung überschützter Arten, wie z.B. dem Kormoran und anderen Prädatoren für Fische. Aus seiner Sicht sollten erfolgreiche Schutzmaßnahmen einzelner Arten im ökologischen Gesamtkontext bewertet werden. Das Beste für den Vogelschutz ist nicht unbedingt auch das Beste für den Fischartenschutz. Das BMEL hat auf Grundlage der EU-Vorgaben zum Schutz der Aale eine dreimonatige Aalschonzeit für Meeresgebiete während der Hauptwanderzeiten der Aale festgelegt. Diese Schonzeit wurde bei den diesjährigen Beratungen für die kommende Abwanderung um einen Monat vorverlegt.
Niclas Herbst, MdEP und einziges deutsches Mitglied im EU-Fischereiausschuss, lobt die Kampagnen des DAFV und die moderne Ansprache insbesondere auch für jüngere Zielgruppen. Auch Herbst stellt die konstruktive Zusammenarbeit mit dem DAFV und der übergeordneten European Anglers Alliance (EAA) auf europäischer Ebene heraus. Sorgen bereitet Herbst die allgemeine Bestandsentwicklung ausgewählter Fischarten in der Ostsee. Er wirbt für eine gemeinsame Problemlösung mit Anglern und Berufsfischern. Insbesondere die Entwicklung selektiver Fanggeräte zur Vermeidung ungewollter Beifänge bei den Berufsfischern ist aus seiner Sicht von hoher Bedeutung. Das ständige Auf und Ab sowohl bei den Quoten als auch bei der Tagesfangbegrenzung für Angler sieht Herbst kritisch. Er bestärkt den DAFV und die EAA darin, gemeinsame Positionen abzusprechen und geschlossen vorzutragen. Auf europäischer Ebene ist dies der einzige zielführende Weg, berechtigten Interessen möglichst viel Nachdruck zu verleihen. Auch Herbst spricht das Problem der überschützten Arten an und verdeutlicht dies an einer sogenannten Naturschutzpyramide, in der der Fischartenschutz weit unter anderen Schutzzielen wie Wolf, Robben oder vielen Vogelarten stehen. Herbst spricht sich für den Schutz der Aale, aber gegen ein flächendeckendes Fangverbot aus, um keinen „Strömungsabriss“ bei den Maßnahmen zur Bestandsstützung zu befördern. Dazu spricht er sich für eine weitere Erhebung sozioökonomischer Daten in Zusammenarbeit mit den Anglern aus. „Es geht hier nicht um Kontrolle, sondern darum, wichtige Daten zu erheben, die auch für die Zielerreichung von Anglerinteressen auf europäischer Ebene Bedeutung haben“, so Herbst.
Die neuen parteipolitischen Sprecher für Fischerei Karlheinz Busen, MdB (Berichterstatter für Fischerei der FDP – Bundestagsfraktion) und Astrid Damerow, MdB (Berichterstatterin für Fischereipolitik der CDU/CSU – Bundestagsfraktion) bekunden den Wert und die Bedeutung der Freizeitfischerei in Deutschland und freuen sich auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem DAFV im Rahmen der politischen Entscheidungsfindung. Klaus-Dieter Mau versichert, dass der DAFV und sein Team dieses Angebot sehr gerne erwidern.
Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom Leibnitz Institut für Gewässerökologie unterstreicht in seinem engagierten Fachvortrag die Rolle und Bedeutung der Angelfischerei in unserer Gesellschaft. Arlinghaus erläutert die Motivationsgründe der fünf verschiedenen Anglertypen und gibt einen Überblick über die Zahlen und Fakten rund um die Angelfischerei in Deutschland. Er lobt die Zusammenarbeit zwischen Wissen schaft, organisierten Anglern und Angelvereinen für die angewandte Forschung. Arlinghaus hebt die Bedeutung kapitaler Fische für die Reproduktion und die anglerische Nutzung der Fischbestände heraus, welche in direktem Zusammenhang mit modernen Hegemaßnahmen, wie z.B. dem Entnahmefenster, stehen.
„Wussten sie, dass Fische unterschiedliche Verhaltensweisen, oder man könnte sagen Persönlichkeiten, haben? Bei Fischen konnte eine fischereilich induzierte Schüchternheit nachgewiesen werden“, klärt der Forschungsleiter der Abteilung für Biologie und Ökologie der Fische auf.
Dazu informiert Arlinghaus über neue sozioökonomische Erkenntnisse und die gesellschaftliche Wahrnehmung der Angler in Deutschland: „Wir haben Nichtangler gefragt: Wie denken sie eigentlich über das Zurücksetzten von Fischen durch Angler?“
Die Gesellschaft lehnt es in der Mehrheit moralisch ab, jeden Fisch zurückzusetzen, aber auch, jeden Fisch zu entnehmen. So liegt die Wahrheit aus Sicht von Arlinghaus irgendwo in der Mitte.
Ein Rückgang der Fischbestände in unseren Gewässern ist nicht mehr zu leugnen, aber sicher nicht der Angelfischerei zuzuschreiben. Anglerisch genutzte Baggerseen sind artenreicher als nicht anglerisch genutzte. „Die Sorge, dass Angeln zur Verbreitung nicht heimischer Fischarten beiträgt, können wir durch unsere Untersuchungen ganz klar widerlegen.“, so Arlinghaus. Dazu hat das Angeln - im Gegensatz zu anderen Freizeitnutzungen - auf die Biodiversität in den Gewässern keinen negativen Einfluss. Naturschutzfachlich sind aus der Sicht von Arlinghaus Angelverbote nicht zu rechtfertigen, solange andere Freizeitnutzungen erlaubt bleiben.
Im Rahmen der Ehrungen verleiht der DAFV der langjährigen ehemaligen Präsidentin Dr. Christel Happach-Kasan die Ehrenmitgliedschaft des DAFV. Happach-Kasan bedankt sich in ihrer Rede und begrüßt sowohl die ständige Weiterentwicklung des DAFV, als auch die Beibehaltung erfolgreicher Traditionen. Sie ermutigt die neuen Verantwortlichen, sich weiterhin für Artenschutz, Biodiversität und gegen den Überschutz einzelner Prädatoren wie dem Kormoran einzusetzen. „Es gibt naturschutzfachliche Gründe für ein aktives Populationsmanagement von Prädatoren, die andere Arten in ihren Beständen bedrohen“.
Der DAFV-Förderpreis 2021 geht an Andreas Maday In einem spannenden Vortrag erläutert Maday die Lebensraumnutzung unterschiedlicher Fischarten und Größenklassen in den Uferzonen von acht niedersächsischen Baggerseen. In allen vier Jahreszeiten haben er und sein Team mittels punktspezifischer Elektrofischerei tags und nachts Daten in den Gewässern gesammelt. Besonders Flussbarsche und größere Vertreter anderer Raubfischarten wurden, ebenso wie Schleien, vermehrt in und an eingebrachten Totholzbündeln nachgewiesen. Dies belegt, dass die Einbringung von Totholz in strukturarmen Gewässern den Lebensraum für Fische insgesamt aufwertet.
Als Gäste aus der freien Wirtschaft haben die Unternehmen Fishing-King, Hejfish, Heintges und Angeln-In Informationsstände im Eingangsbereich der JHV präsentiert. Die Teilnehmer konnten sich an den Ständen aus erster Hand über moderne Lösungen aus dem Bereich Online-Fischerprüfung, digitale Angelkarten und digitale Gewässerverzeichnisse informieren.
Aus Sicht des DAFV war die JHV 2022 eine gelungene Veranstaltung mit spannenden Redebeiträgen und der Möglichkeit, Vertreter aus Mitgliedsverbänden, Politik, Wissenschaft und der freien Wirtschaft miteinander weiter zu vernetzen.
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