ANGELFISCHERVERBAND IM
LANDESFISCHEREIVERBAND WESER-EMS E.V.

Neuer Seitenarm für die Vechte

26.10.2022

Mitte September begannen die Arbeiten zur Herstellung eines naturnahen Seitengewässers für die Vechte südlich der Ortschaft Esche. Hier ist die Entstehung eines Nebengewässers mit einer Fläche von rund 7500 Quadratmetern und einer Tiefe bis zu 3 Metern geplant.

Das neue Seitengewässer soll eine Verbindung zur Vechte erhalten, so dass es die Funktion eines Altarms erfüllen kann und für aquatische Organismen als geeigneter Lebensraum zur Verfügung steht. Besonders in Hochwasserphasen sowie im zeitigen Frühjahr wird dieses Gewässer einen wichtigen Rückzugsraum darstellen und den Wasserbewohnern die erforderlichen Habitatstrukturen zur Fortpflanzung bieten.  

Die Verbindung zur Vechte soll über einen etwa 8 bis 10 Meter breiten Graben (Sohlbreite) erfolgen, der ganzjährig eine Mindestwassertiefe von ca. 1,5 Metern aufweist, um so den freien Wechsel der Organismen zu ermöglichen. Die morphologische Gestaltung des Altgewässers orientiert sich dabei an der natürlichen Entstehung von Altarmen. Der Altarm wird also mit Prall- und Gleitufern gestaltet und auch die Sohltiefe variiert dementsprechend.

Der anfallende Bodenaushub wird aus dem gesetzlichen Überschwemmungsgebiet verbracht. Die genaue Linienführung und Dimensionierung sowie der Verbleib des Bodenaushubs erfolgt im Rahmen der Umweltbau begleitung (UBB) durch den Fischereibiologen des Landesfischereiverbandes Weser-Ems in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde. Die weitere Verwendung des schadstofffreien Bodenaushubs kann im Rahmen des laufenden Flurbereinigungsverfahrens mit geregelt werden. Die endgültige Gestaltung des Gewässers orientiert sich an den vorhandenen Geländeverhältnissen. 

Altarme haben für die Flora und Fauna eine vielfältige Bedeutung und stellen daher einen wichtigen Lebensraum dar. Die Entstehung derartiger Strukturen erfolgt im Rahmen der natürlichen Flussdynamik. Aufgrund vielfältiger Nutzungen unserer Landschaft wurde die natürliche Flussdynamik weitestgehend unterbunden, so dass keine Altarme mehr entstehen. In Folge natürlicher Sukzession verlieren die noch vorhandenen Altarme an der Vechte insbesondere für die aquatischen Organismen immer mehr an Bedeutung.    
Da die Vechte über weite Strecken stark ausgebaut wurde, kann mit der Erstellung des Altarms insbesondere in Hochwasserphasen sowie im zeitigen Frühjahr wieder ein wichtiger Rückzugsraum für viele Organismen geschaffen werden.

Das Projekt ist im Rahmen des 1989 ins Leben gerufenen landesweiten Fließgewässerschutzsystems zur Wiederherstellung und Entwicklung eines durchgängigen, naturnahen und ökologisch funktionsfähigen Gewässernetzes zu sehen. Die Gewässer dieses Netzes sollen als Vorranggebiete für den Naturschutz die typischen, in Niedersachsen von Natur aus vorkommenden, Fließgewässertypen einschließlich ihrer charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt repräsentieren und nachhaltig sichern.     
Abhängig von den verschiedenen naturräumlichen Regionen und den Haupteinzugsgebieten der großen Flusssysteme unterscheidet das Fließgewässerschutzsystem Gewässer mit verschiedenen Funktionen: Verbindungsgewässer, Hauptgewässer 1. und 2. Priorität und ihre Nebengewässer. Die Vechte wurde dabei als Verbindungsgewässer eingestuft. Diese durchfließen mehrere naturräumliche Regionen auf so langer Strecke, dass der überwiegende Teil der dort vorhandenen Gewässer in sie einmündet. Ihre ökologische Funktion besteht darin, dass sie für Lebewesen die Durchgängigkeit vom Meer bis zu den Quellläufen herstellen und alle nachgeordneten Fließgewässer miteinander verbinden. Um die ökologischen Funktionen erfüllen zu können, ist die Verbesserung der Biotopqualität von Fließgewässer und ihrer Aue eine zentrale Anforderung. 

Die Maßnahme ist auch vor dem Hintergrund der Wasserrahmenrichtlinie für Europa zu sehen.

Die EU-Kommission verfolgt mit der Wasserrahmenrichtlinie folgende Ziele einer nachhaltigen Wasserpolitik: 

• Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme 

• Langfristiger Schutz vorhandener Wasserressourcen 

• Schutz der Bevölkerung vor Überschwemmungen und Dürren 

Die EU-Mitgliedsstaaten wurden in der Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet, spätestens bis zum Jahr 2027 einen „guten ökologischen Zustand" für alle Oberflächengewässer und einen „guten mengenmäßigen und chemischen Zustand" für das Grundwasser zu erreichen und zu erhalten (Verschlechterungsverbot). Der „gute ökologische Zustand" der Oberflächengewässer ist in erster Linie auf die Vielfältigkeit vorhandener Pflanzen- und Tierarten ausgerichtet, vorausgesetzt wird dabei eine naturnahe Gewässerstruktur und die Einhaltung chemischer Emissions- und Immissionsgrenzwerte. 

Das Projektgebiet liegt im Bearbeitungsgebiet Vechte, im Wasserkörper 32003 Vechte Neuenhaus – Laar. Der chemische Gesamtzustand in diesem Bereich wird als schlecht bewertet, der ökologische Zustand als mäßig. Die Vechte zwischen Neuenhaus und Laar ist durch Begradigung, Ausbau zum Trapezprofil sowie teilweise mit Verwallung- sowie Stauregulierung (Kulturstau) überwiegend sehr stark verändert. Ziel aller Maßnahmen sollte daher die Herstellung möglichst natürlicher Fließgewässerdynamik inkl. Durchgängigkeit und gleichzeitiger Erhöhung der Strukturvielfalt in Sohle/ Ufer/ Umfeld sein. 

Neben strukturverbessernden Maßnahmen im Gewässer und ihrer Aue wirken sich Extensivierungen und die Schaffung auetypischer Strukturen im Auebereich positive auf die Zielerreichung aus.

zurück