Bach im Fluss - zwei Projekte in der engeren Wahl
22.08.2024
Im Rahmen des Niedersächsischen Gewässerwettbewerbs „Bach im Fluss“ werden in diesem Jahr wieder Maßnahmen zur Verbesserung von Gewässern in Niedersachsen prämiert. In die Endausscheidung haben es auch zwei Projekte des Angelfischerverband Weser-Ems mit seinen Mitgliedsvereinen geschafft.
Dabei handelt es sich zum einen um die Anlage eines neuen Seitengewässers für die Vechte bei Neuenhaus und zum anderen um die Renaturierung der Lathener Beeke.
Am 20. und 21. August überzeugte sich eine siebenköpfige Jury von der Qualität der Maßnahmen. Insgesamt haben die Fachleute 12 Projekte, unter denen die Entscheidung fallen wird, bereist und genau in Augenschein genommen. Welche davon im November in Hannover mit der Bachperle ausgezeichnet werden, darüber berät die Jury noch.
Nebengewässer in Neuenhaus
Der Angelverein Neuenhaus hat ein neues naturnahes Seitengewässers für die Vechte entstehen lassen Das Nebengewässer wurde mit einer Fläche von rund 7500 Quadratmetern und einer Tiefe bis zu 3 Metern angelegt.
Das neu entstandene Seitengewässer steht in direkter Verbindung zur Vechte, so dass es die Funktion eines Altarms erfüllen kann und für aquatische Organismen als geeigneter Lebensraum zur Verfügung steht. Besonders in Hochwasserphasen sowie im zeitigen Frühjahr wird dieses Gewässer einen wichtigen Rückzugsraum darstellen und den Wasserbewohnern die erforderlichen Habitatstrukturen zur Fortpflanzung bieten.
Die Verbindung zur Vechte erfolgt über einen etwa 8 bis 10 Meter breiten Graben (Sohlbreite), der ganzjährig eine Mindestwassertiefe von ca. 1,5 Metern aufweist, um so den freien Wechsel der Organismen zu ermöglichen. Die morphologische Gestaltung des Altgewässers orientiert sich dabei an der natürlichen Entstehung von Altarmen. Der Altarm wurde also mit Prall- und Gleitufern gestaltet und auch die Sohltiefe variiert dementsprechend.
Der anfallende Bodenaushub wurde aus dem gesetzlichen Überschwemmungsgebiet verbracht. Die genaue Linienführung und Dimensionierung sowie der Verbleib des Bodenaushubs erfolgte im Rahmen der Umweltbaubegleitung durch den Fischereibiologen des Landesfischereiverbandes Weser-Ems in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde. Die weitere Verwendung des schadstofffreien Bodenaushubs konnte im Rahmen des laufenden Flurbereinigungsverfahrens mit geregelt werden. Die endgültige Gestaltung des Gewässers orientierte sich an den vorhandenen Geländeverhältnissen.
Altarme haben für die Flora und Fauna eine vielfältige Bedeutung und stellen daher einen wichtigen Lebensraum dar. Die Entstehung derartiger Strukturen erfolgt im Rahmen der natürlichen Flussdynamik. Aufgrund vielfältiger Nutzungen unserer Landschaft wurde die Dynamik weitestgehend unterbunden, so dass keine Altarme mehr entstehen. In Folge natürlicher Sukzession verlieren die noch vorhandenen Altarme an der Vechte insbesondere für die aquatischen Organismen immer mehr an Bedeutung.
Da die Vechte über weite Strecken stark ausgebaut wurde, konnte mit der Erstellung des Altarms insbesondere in Hochwasserphasen sowie im zeitigen Frühjahr wieder ein wichtiger Rückzugsraum für viele Organismen geschaffen werden.
Das Projekt ist im Rahmen des 1989 ins Leben gerufenen landesweiten Fließgewässerschutzsystems zur Wiederherstellung und Entwicklung eines durchgängigen, naturnahen und ökologisch funktionsfähigen Gewässernetzes zu sehen. Die Gewässer dieses Netzes sollen als Vorranggebiete für den Naturschutz die typischen, in Niedersachsen von Natur aus vorkommenden, Fließgewässertypen einschließlich ihrer charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt repräsentieren und nachhaltig sichern.
Abhängig von den verschiedenen naturräumlichen Regionen und den Haupteinzugsgebieten der großen Flusssysteme unterscheidet das Fließgewässerschutzsystem Gewässer mit verschiedenen Funktionen: Verbindungsgewässer, Hauptgewässer 1. und 2. Priorität und ihre Nebengewässer. Die Vechte wurde dabei als Verbindungsgewässer eingestuft. Diese durchfließen mehrere naturräumliche Regionen auf so langer Strecke, dass der überwiegende Teil der dort vorhandenen Gewässer in sie einmündet. Ihre ökologische Funktion besteht darin, dass sie für Lebewesen die Durchgängigkeit vom Meer bis zu den Quellläufen herstellen und alle nachgeordneten Fließgewässer miteinander verbinden. Um die ökologischen Funktionen erfüllen zu können, ist die Verbesserung der Biotopqualität von Fließgewässer und ihrer Aue eine zentrale Anforderung.
Renaturierung der Lathen Beeke
Die Renaturierung der Lathener Beeke ist nach der Anlage eines Nebengewässers der Ems, das zweite große Gewässerprojekt, das der Fischereiverein Lathen und Umgebung in den letzten Jahren in Angriff genommen hat. Der Bach fließt über etwa 11 Kilometer, in weiten Teilen begradigt, von der Quelle nordwestlich von Sprakel über Lathen-Wahn und Lathen im Bereich des Hafens in die Ems.
An der Beeke wurden verschiedene Eingriffe zur Wiederherstellung eines naturnahen Zustandes vorgenommen. Zum einen erfolgte die Umgestaltung des Uferbereichs mit der Anlage von Auenbereichen, zum anderen wurde Hartsubstrat in das Gewässer eingebracht und mit Strömungslenkern eine stärkere Dynamik und variablere Struktur geschaffen.
Ziel der Maßnahmen war eine Reaktivierung fließgewässertypischer, eigendynamischer Prozesse, mit denen die Ausbildung diverser Strukturen wie Prall- und Gleithänge einhergehen sollte. Durch eine Abflachung des Ufers sollte zudem eine laterale Vernetzung mit der dadurch entstehenden Aue geschaffen werden. Diese Maßnahmen sollten eine Aufwertung des Gewässerabschnittes bedingen und damit wieder einen geeigneten Lebensraum für speziell an diese Strukturen angepasste Arten wie der Quappe (Lota lota) erzielen.
Unter Berücksichtigung der lokal vorherrschenden Gegebenheiten wie z. B. der Gefällesituation erfolgte der gezielte Einbau von Strömungslenkern in Form von Holzstämmen und/oder Schüttungen aus Kartoffellesesteinen.
Der Einbau der Strömungslenker erfolgte nur im Niedrigwasserbereich. Durch den Einbau sind nur – wenn überhaupt – marginale Wasserspiegellagenänderungen bei Niedrig- und Mittelwasser zu erwarten. Von den Einbauten geht bei Hochwasser keine negative hydraulische Wirkung auf den Abfluss aus, da diese so eingebaut wurden, dass sie bei Hochwasserereignissen überströmt werden. Die Strömungslenker wurden so eingebaut, dass diese eine Eigendynamik des Gewässers initiieren, die im Laufe der Zeit kleinräumig zur Erosion des Prallufers führen kann. Dabei ist von einer Erhöhung der Tiefenvarianz durch Verengung des Querschnittsprofils (nur im Niedrig- und Mittelwasserbereich) auszugehen. Das Stammholz wurde in einer inklinanten Bauweise eingebaut.
Insgesamt verlief das Projekt in der vorgesehenen Weise. Die nächsten Jahre wird die Entwicklung durch den Verein weiter dokumentiert, um den Erfolg der Maßnahme weiter zu belegen. Die Maßnahme wurde im Winter und Frühjahr 2022/2023 umgesetzt.
Die Durchführung der Maßnahmen erfolgte unter Federführung des Fischereivereins Lathen und Umgebung mit fachlicher Unterstützung des Angelfischerverbandes Weser-Ems. Neben dem Fischereiverein übernahm die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung maßgeblich die Finanzierung des Projektes.
Zu dem Projekt gibt es ein Video von Helmut Felthaus auf Youtube unter „Lathen – Auen an der Beeke“.
Der Verband zählte in der Vergangenheit immer zu den Gewinnern
In diesem Jahr wird der Niedersächsische Gewässerwettbewerb „Bach im Fluss“ zum achten Mal ausgetragen. Damit sollen wieder die vielen kleinen und großen Maßnahmen an den Gewässern in Niedersachsen, die haupt- und ehrenamtlich umgesetzt worden sind, ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden.
Die ausgewählten Projekte werden wieder in einer Broschüre zu dem Wettbewerb zusammengefasst und veröffentlicht werden. Somit können die Erfahrungen mit jedem Projekt weitergegeben werden.
Die nominierten Maßnahmen werden im Rahmen einer Jurybereisung der Öffentlichkeit präsentiert. Dabei werden die Projekte der Jury ausführlich vorgestellt, so dass diese sich ein Bild für die Bewertung machen kann.
Zum Abschluss des Wettbewerbes wird es eine feierliche Benennung der Gewinnung und eine Preisverleihung in den verschiedenen Kategorien geben.
In den vergangenen Jahren befanden sich immer wieder Projekte der Mitgliedsvereine des Angelfischerverbandes Weser-Ems unter den Gewinnern. So wurde die Bachperle in der Kategorie Ehrenamt im Jahr 2022 dem Fischereiverein Lathen und Umgebung verliehen für seine Arbeiten im Rahmen des Projektes Auenentwicklung entlang der Ems.
Der Wettbewerb befindet sich in der Trägerschaft des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz. Die Geschäftsstelle für den Wettbewerb befindet sich bei der Kommunalen Umwelt-AktioN UAN in Hannover.