ANGELFISCHERVERBAND IM
LANDESFISCHEREIVERBAND WESER-EMS E.V.

Verbandstag 2024 in Ganderkesee/Stenum

14.04.2024

Am 13. April richtete der Angelfischerverband Weser-Ems seinen diesjährigen Verbandstag im Hotel Backenköhler in Ganderkesee/Stenum aus. Heinz Gräßner als Verbandspräsident eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die Teilnehmer, die Ehrengäste und den Referenten des Festvortrags.
Die Reihe der Grußworte begann mit der Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Dagmar Hayens. Sie wies darauf hin, dass es sich beim LFV Weser-Ems aufgrund der Verbindung von Angelfischern und Berufsfischern um einen besonderen Verband handle. Das sei ein seltenes Beispiel für Gemeinsamkeit. Gemeinsam hätte man dabei auch die Aufgabe in einer Gesellschaft, die es gewohnt ist, Lebensmittel im Supermarkt zu kaufen, zu vermitteln, was es heißt, Nahrung zu produzieren.

Es wäre auffällig, so Hayens, wie die Politik mehr über Angler und Fischer entscheiden würde, statt mit ihnen. Rückgänge von Fischbeständen würden dabei zu einseitig den Anglern und Fischern zugeschrieben. Der einseitige und extreme Schutz des Kormorans würde zeigen, wie unausgewogen Tierschutz betrieben würde. Ganz ähnlich wären die Verhältnisse an Land, was den Wolf betrifft. Hier wäre die Lernkurve bei der Politik noch sehr flach.

Hartmut Moorkamp von der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag ging in seinem Grußwort auf die Kritik ein, dass nur wenige Politiker vor Ort wären und verwies auf die anstehende Europawahl. Entgegen anders lautenden Behauptungen sei also gerade Wahlkampf.

Er betonte, dass die Politik für gute und angemessene Entscheidungen den Input von der Basis braucht. Es dürfe nicht sein, dass über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird.

Moorkamp erwähnte ein Vorhaben seiner Partei, bei dem es um Gewässerschutz und die Förderung von Anglern ginge. Das Vorhaben würde von der Regierung beurteilt und möglicherweise modifiziert werden. Es sei aber ein gutes Zeichen, dass man sich mit einem Antrag der Opposition ausgiebig befasst.

Karsten Behr, der Geschäftsführer der Bingo-Umweltstiftung sprach dem Verband seinen Dank aus für das hohe Engagement und die guten Ideen und Projekte, die bereits umgesetzt wurden. Besonders dankte er dem Präsidenten Heinz Gräßner sowie Jens Salva, der die treibende Kraft bei den Projekten ist. In den vergangenen 15 Jahren seien etwa zwei Millionen Euro in Projekte des Verbandes geflossen.

Die Losverkäufe seinen in den letzten Jahren in die Höhe geschnellt und dadurch auch die Mittel, mit denen Umweltprojekte unterstützt werden können. Es könnten also weiter Projekte finanziert werden. Behr ermutigt deshalb dazu, neue Projekte anzugehen.

Fred Bloot, der Präsident der Sportvisserij Nederland, stellte fest, dass man in der Angelfischerei mehr Zusammenarbeit benötigt, mehr Leute braucht und mehr Geld, um anstehende Aufgaben bewältigen zu können. Es stünden gesellschaftliche Veränderungen an. In den Niederlanden würde man das daran merken, dass es in einigen Städten die Bestrebung gibt, das Angeln zu verbieten. Angeln sei also nicht selbstverständlich.

Jugendliche würden sich heute anders zusammenschließen, nicht unbedingt über Vereine. Einige Vereine würden deshalb wie Altersheime wirken. Man müsse sich auf das veränderte Verhalten der jungen Leute einstellen.

Als weitere Problem und Aufgaben der Zukunft sieht er die Durchgängigkeit der Gewässer, die unter der Verbauung durch Queranlagen leidet. Das Kormoranmanagement müsse als europäische Aufgabe angegangen werden. Die Aufgaben müssten mit Mut und mehr Professionalität angegangen werden.

Dirk Sander sprach als Vorsitzender des Verbandes der kleinen Hochsee- und Küstenfischerei über die Probleme der Küstenfischerei. Es gäbe Bestrebungen, diese für Europa ganz zu beseitigen. Dieses Vorhaben sei zumindest erst einmal bis ins Jahr 2030 vertagt.

Durch die Windparks sind der Fischerei große Fanggebiete verloren gegangen. Man hat dagegen prozessiert, aber verloren. Entschädigungszahlungen, die den Fischern zugesagt wurden, kamen nie an. Über verbliebene Gelder befindet eine Kommission, die kaum Bezug zur Fischerei hat. Man sei sehr enttäuscht von unserem Landwirtschaftsminister.

Der Generalsekretär des Deutschen Fischerei-Verbandes, Dr. Peter Breckling, richtete Grüße von seinem Präsidenten Gero Hocker aus, der im Europawahlkampf eingebunden ist. Angler und Fischer seien von verschiedenen Europathemen betroffen. Breckling rät dazu, die Politiker einmal zu befragen, was sie für die Fischerei in Europa zu tun gedenken. Da stünde nicht viel auf dem Programm.

Angler hätten eine hohe Kompetenz und einen großen Sachverstand. Sie sollten deshalb selbstbewusster auftreten. Es müsste mehr von ihrem Wissen in die Politik einfließen.

Breckling verwies schließlich auf den Deutschen Fischereitag, der am 27. bis 29. August in Hamburg ausgerichtet wird. Dafür würde man sich einen regen Besuch wünschen.

Als Ehrengäste wurden schließlich noch Günther Nase von der Fischereigenossenschaft Wörpe und Philipp Oberdörffer von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen begrüßt, die aber kein Grußwort hielten.

Damit wurde das Wort an Markus Kühlmann übergeben, der den Vortrag „Die Wiederansiedlung der Quappe in Nordrhein-Westfalen“ hielt. Als Leiter der Arbeitsgruppe Fischwirtschaft/Fischökologie des Ruhrverbandes stellte er zunächst den Ruhrverband selbst vor, der einen großen Teil der Gewässer in Nordrhein-Westfalen bewirtschaftet. Kühlmann hat vor 30 Jahren angefangen, den Betrieb aufzubauen, der Bewirtschaftungspläne erstellt, Fischbestände untersucht und danach Maßnahmen ergreift.

Man verfügt über eine eigene Fischzuchtanlage, in der sieben verschiedene Arten für den gezielten Besatz gezüchtet werden. Man wollte keinen Besatz kaufen, sondern die Fische passend für die jeweilen Anforderungen heranziehen.

Die Quappe stellt Kühlmann als eine weit verbreitete Art aus unterschiedlichen Gewässertypen vor. Die Art ist bodenliebend und bevorzugt kühlere Temperaturen. Die Laichzeit liegt im Januar/Februar. Danach fressen sie sich voll und ziehen sich weitgehend zurück.

In Nordrhein-Westfalen war die Quappe vor rund 120 Jahren weit verbreitet, vor wenigen Jahrzehnten jedoch weitgehend ausgestorben. Es gab nur noch wenige Restbestände. Verantwortlich dafür sind vor allem Wasserverschmutzung, Querverbauungen und Einleitungen von Kühlwasser.

Bereits in den 1980er Jahren hat man versucht, Quappen zu reproduzieren, allerdings ohne Erfolg. Das aktuelle Projekt startete 2008 und war zunächst für fünf Jahre angelegt. Am Anfang stand eine intensive Beschäftigung mit den Lebensbedingungen der Quappe und ihren Anforderungen an das Gewässer. Gute Bedingungen versprach die Lippe, in der sich ein Bestand an Quappen gehalten hat.

Der Lippe wurden 50 adulte Fische für die Zucht entnommen, ohne dass man genau wusste, was diese Entnahme für den Bestand bedeutet. Es sollte aber kein Problem darstellen.

Die Laichfische wurden in Becken gehalten und mit seuchenfreiem Futter versorgt, da die Quappe sehr seuchenempfindlich ist. Die Reproduktion der Fische war recht einfach möglich, indem man ihnen die Eiablage und Befruchtung selbst überlässt.

Hohe Anforderungen stellte die Ernährung der zwei Millimeter kleinen Brutfische. Dafür war Plankton mit einem hohen Anteil an Algen erforderlich. Nach den ersten Lebenswochen gestaltete sich die Ernährung einfacher. Eine spätere Umstellung auf Trockenfutter ist möglich, erfordert haben sehr viele Opfer, so dass man diesen Weg nicht gegangen ist.

Quappen aus dem Stamm der Lippe werden inzwischen in vielen anderen Gewässern ausgesetzt, unter anderem im Rhein, der Ems, Sieg, Lahn und Ruhr. Dabei zeigen die Angler grundsätzlich ein hohes Engagement. Das einzige Problem dabei war, dass die Angler den Fisch nicht nutzen konnten. Deshalb hat man die Quappe inzwischen für den Fang freigegeben.

Bislang gibt es keine aussagefähige Erfolgskontrolle. Seit 2019 gibt es eine App für Fänge von Anglern. Bislang gibt es aber nicht viele Fangmeldungen.

Mit steigender Popularität der Quappe wurden auch Quappen von Züchtern bzw. Händlern übers Internet angeboten. Dabei handelt es sich um Fische aus Osteuropa, die man bei uns nicht einsetzen sollte, weil sie einen genetischen Schaden anrichten können.

Der Ruhrverband ist gerne bereit, sein Wissen und seine Erfahrungen weiterzugeben. Es ist auch eine Schrift zum Thema Wiederansiedlung der Quappe erschienen.

Auf Nachfrage informiert Kühlmann schließlich noch darüber, dass eine Wassertemperatur von 4 Grad ideal ist für die Fortpflanzung der Quappe. Unter Umständen wird man diese Bedingungen im Zuge des Klimawandels nicht in jedem Jahr erreichen können.

Eine weitere Besonderheit der Quappe besteht darin, dass sie sehr mobil ist. Beim Besatz sollte man sich gegebenenfalls mit benachbarten Vereinen und Pächtern austauschen und einigen, weil nicht davon auszugehen ist, dass die Quappen auf einem eng begrenzten Bereich verbleiben.

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