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ANGELFISCHERVERBAND IM
LANDESFISCHEREIVERBAND WESER-EMS E.V.

Verbandstag 2023 mit Vortrag zum Bestandsmanagement des Aals

23.04.2023

Der Angelfischerverband Weser-Ems führte am 22. April seinen Verbandstag beim SFV Westoverledingen durch. Haupttagesordnungspunkt war der Vortrag von Prof. Dr. Reinhold Hanel vom Institut für Fischereiökologie im Thünen-Institut zum Thema „Grundlagen für das Bestandsmanagement des Europäischen Aals“, über den wir hier hauptsächlich berichten wollen.

Zuvor begrüßte der Verbandpräsident Heinz Gräßner die Anwesenden und es wurden Grußworte der Ehrengäste gesprochen. Zu denen zählten der Bürgermeister der Gemeinde Westoverledingen, Theo Douwes, Hartmut Moorkamp, Landtagsabgeordneter der CDU, Günter Brüning, ehemaliger Präsident des Angelfischerverbandes, Horst Kröber, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes Westfalen und Lippe, Dr. Peter Breckling von Deutschen Fischerei-Verband, Manfred Tannen, Vizepräsident des Landesbauernverbandes und Dr. Hans-Joachim Ropers, NABU Niedersachsen. Zu den Grußworten berichten wir mehr im nächsten Mitteilungsblatt des Verbandes.

Nach den Grußworten folgte der mit Spannung erwartete Vortrag von Prof. Dr. Reinhold Hanel vom Institut für Fischereiökologie in Thünen-Institut zu  den „Grundlagen für das Bestandsmanagement des Europäischen Aals“.

Prof. Hanel unterstützt die vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) vertretene Empfehlung, dass für den Aal ein totales Fangverbot verhängt werden sollte. 

Zu Beginn seiner Ausführungen stellte er das Thünen-Institut vor und dessen Aufgabe beim nationalen und internationalen Bestandsmanagement für den Aal.

Es folgte ein Überblick über die biologischen Besonderheiten des Aals, dazu gehören der einzigartige Lebenszyklus mit der Abwanderung in das Laichgebiet in der Sargassosee, der Umstand, dass es nur einem Bestand gibt, anders als bei den meisten anderen Fischarten, und die Tatsache, dass der Aal nur einmal laicht und danach stirbt.

Es wurde dargestellt, dass der Aalbestand an der Nordsee um 99,5 Prozent abgenommen hat, außerhalb der Nordsee liegt der Prozentsatz etwas niedriger.

Dabei ist es schwierig, zuverlässige Daten zum Bestand des Aals zu bekommen, insbesondere zu dem des Blankaals und Gelbaals gibt es wenige Informationen. Die Grundlage für wissenschaftliche Daten bildet deshalb in erster Linie die Glasaalrekrutierung. 

Zu den Gründen des starken Bestandsrückgangs wurden die Beeinflussung der Gewässer durch den Menschen angeführt, Wasserkraft, Pumpwerke, Anlagen, die die Wanderung erschweren, die Fischerei und die zunehmende Kormoranpopulation. Auch wurde auf die indirekte Belastung durch Schadstoffe hingewiesen. Diese Belastung liegt bei Aalen höher als bei anderen Arten. Eine gewisse Rolle könnte auch der Schwimmblasenwurm aus Asien spielen.

Für das Larvenstadium können auch Faktoren im Ozean von Bedeutung sein, etwa Strömungsänderungen oder die Artenzusammensetzung im Meer.

Maßnahmen zum Schutz des Aals bilden die Einschränkungen des Handels wie die Import- und Exportverbot der EU.

Im Rahmen des Aalmanagements werden Verordnungen zur Reduzierung des Fangs getroffen und es werden Besatzmaßnahmen durchgeführt. 

Der Forderung des ICES, ein komplettes Fangverbot für Aale überall und in allen Stadien zu verhängen, wird bislang nicht gefolgt. 

Von der EU wird im Aalbewirtschaftungsplan das Ziel ausgegeben, dass 40 Prozent der Aale abwandern können sollen. Diese Forderung wird von Hanel als unklar in der Bestimmung und der Nachvollziehbarkeit dargestellt, da dieser Prozentsatz gar nicht zu ermitteln sei. Man wisse nicht, worauf sich die 40 Prozent bezögen und man könnte ihr Erreichen gar nicht kontrollieren.

Die Empfehlung des ICES richtet sich dagegen nach dem Vorsorgeansatz. Da der Bestand des Aals gegenwärtig keine nachhaltige Fischerei zulassen würde, fordert man ein totales Fangverbot. Wenn der Rat eine Empfehlung ausspricht, ginge es um den Gesamtbestand und um die Sorge für Nachhaltigkeit. 

Die Aalrichtlinie der EU hat bislang wenig bewirkt. Nun wurde ein Verbot der Freizeitfischerei in den Meeresgewässern verhängt sowie die Schonzeit für die Berufsfischerei verlängert. 

Zum Thema Aalbesatz hat der ICES seine ursprüngliche Empfehlung geändert und ist nun auch für ein Fangverbot für Glasaale zum Zwecke des Besatzes.

Als Argumente für einen Besatz wird immer angeführt, dass es regional ein Überangebot von Glasaalen gäbe, dass die Bestände in einigen Regionen gestützt werden müssten, um die Abwanderungsziele zu erreichen, und dass es durch Besatz eine gewisse Risikostreuung gäbe. 

60 Prozent des Besatzes, so Hanel, würden dabei dorthin gehen, wo auch am meisten Aale gefangen werden. Zudem würde viel aus gut geeigneten Gewässern entnommen und in weniger gut geeignete Gewässer eingesetzt werden. 

Über die Erfolge der Besatzmaßnahme wisse man wenig. Es gäbe aber eine Sterblichkeit von 10 Prozent beim Fang und Transport der Besatzfische, es bestünde ein Krankheitsrisiko und es würden immer noch Aale in Gewässers ausgesetzt, aus denen sie schlecht abwandern könnten.

Laut ICES ist der Besatz mit Glasaale nicht zu empfehlen als Maßnahme zum Schutz des Aals. Man wisse überhaupt nicht, ob die Maßnahmen einen Effekt hätten. Die Frage, ob man weiter besetzen sollte oder nicht, wird wissenschaftlich heiß diskutiert.

In der anschließenden Diskussion weist Dr. Peter Breckling darauf hin, dass man in der Fischerei sehr wohl wisse, dass Besatz einen Nutzen bringt. Man solle es nicht so darstellen, als würden Angler und Fischer sinnlos Geld ins Wasser werfen.
Für seine Begriffe kommt der Einsatz der Angler und Fischer, beispielsweise beim Aal-Taxi, bei den Betrachtungen des ICES zu kurz. Außerdem würden die Ursachen wie Wasserkraft und Kormoranfraß nicht ausreichend in die Betrachtung einbezogen. Beim ICES würde man sich viel zu sehr auf eine Beendigung der Fischerei fixieren.

Hanel entgegnet darauf, dass man in der Wissenschaft sehr wohl wisse, dass Aalbesatz dafür sorgt, dass sich in einem Gewässer mehr Aale befänden. Die Anzahl der Aale insgesamt würde dadurch aber nicht zunehmen, es kämen nur einige Aale woanders hin. Die Frage sei aber, wie der Nutzen für den Nettobestand wäre.

Beim ICES würde man außerdem durchaus auch auf die Ursachen hinweisen und fordern, dass diese beseitigt würden.

Zu den Aal-Taxis stellt er fest, dass diese keine Begründung dafür sein könnten, Aale oberhalb von Kraftwerken auszusetzen.

Zum Aalbestand im Mittelmeer wird nachgetragen, dass die Datenlage dort ganz ähnlich wäre wie in den nördlichen europäischen Ländern. 

Hanel betont noch einmal, dass der ICES nur wissenschaftliche Empfehlungen gibt. Wie dann gehandelt wird, welche Maßnahmen getroffen werden, das sei eine Sache der Politik, die hier auch für einen sozioökonomischen Ausgleich sorgen müsste.  Die wissenschaftlichen Fakten müsse man allerdings akzeptieren.

Bernhard Pieper merkt an, dass man vom Verband schon sehr früh angefangen hätte, Fischbestände zu dokumentieren und dass es an der Ems so wäre, dass die Verbauung den Glasaalen einen Aufstieg nahezu unmöglich machen würde.

Hanel betont, dass man nicht der Fischerei die Schuld am Schwund der Aalbestände geben würde. Man könnte aber auch nicht sicher sagen, welcher Faktor wie viel Anteil an der Schuld trägt. Für den Aal sei die Sache sehr komplex und schwierig, weil man keine Prognosen machen kann. Von wissenschaftlicher Seite könne man nur sagen, dass der Schutz verstärkt werden müsste.

Zum illegalen Glasaalhandel trägt Hanel nach, dass dies selbstverständlich ein Problem wäre. Die illegalen Fänge dürften aber auch nicht als Argumente für legale Fänge dienen. Man könne nirgendwo von einer Überkapazität von Glasaalen sprechen.

Dr. Jens Salva stellt heraus, dass man nirgendwo mehr für die Renaturierung getan hat als im Verbandsgebiet. Die Mitgliedsvereine würden die Aale ausschließlich dort einsetzen, wo es auch sinnvoll ist. Diesen Einsatz solle die Wissenschaft auch anerkennen. Die Politik sei gefordert, sich mehr gegen die Verbauung und für Renaturierungen einzusetzen.

Hanel betont, dass sich niemand persönlich angegriffen fühlen sollte. Es ginge um den einen Aalbestand, und in Hinsicht auf den Gesamtbestand würde es keinen Sinn machen, weiterhin Aale zu fangen. Es gäbe aus seiner Sicht nichts, was dagegen spräche, den Aal komplett zu schützen.

Anschließend weist Heinz Gräßner darauf hin, dass sich der Verband mit seinen Mitgliedsvereinen für den Aal und gegen die Verbauung der Gewässer einsetzt und dass dies ein großer, teurer und sinnvoller Einsatz für den Aal ist.

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