ANGELFISCHERVERBAND IM
LANDESFISCHEREIVERBAND WESER-EMS E.V.

European Anglers Alliance zu Kormoran, Fischereimanagement, invasive Arten und Off-shore Windparks

28.09.2023

In diesem Jahr lud der britische Angling Trust die Mitglieder der European Anglers Alliance (EAA) ins englische Birmingham ein. Von den gegenwärtig zehn Mitgliedsverbänden waren Dänemark, Deutschland, Finnland, Großbritannien, Norwegen, Niederlande, Österreich, Schweden vertreten. Slowenien und die Schweiz waren online zugeschaltet.
In der Süßwassergruppe lag der Fokus dieses Jahr auf zwei aktuellen Themen: die fortschreitende Ausbreitung der invasiven Buckellachse in Nord-Norwegen und angrenzenden Gebieten und den in diesem Sommer besonders stark von Überflutungen betroffenen Gebieten in Slowenien und Norwegen.
Øyvind Fjeldseth vom norwegischen Norges Jeger- og Fiskerforbund kennt die aus russischem Besatz stammenden Buckellachse seit seiner Kindheit. Damals wurden die in geringer Zahl auftretenden Fremdlinge schlicht als „Russenlachs“ bezeichnet, obwohl sie ursprünglich von der Nordamerikanischen Pazifikküste stammen und erst durch Besatzmaßnahmen in den 1950er Jahren in Russland nach Europa gekommen sind. Allerdings beobachtet der Norwegische Verband die explosionsartige Ausbreitung seit 2015 mit großer Sorge. Die ökologischen Folgewirkungen für die einheimischen Fischarten wie Atlantischer Lachs, Meerforelle, Saiblinge sind momentan noch nicht abzuschätzen. Erste Fänge wurden bereits auch aus Schweden, Dänemark und den Deutschen Nordseeinseln berichtet.
Von der Flut besonders hart getroffen wurden dieses Jahr die Kollegen in Slowenien. Angestellte des Verbandes haben in den Fluten Hab und Gut verloren, und Vereine an den Ufern der Savinja und Sava stehen zum Teil vor dem Nichts, nachdem die Fluten Vereinshäuser und Aufzuchtanlagen fortgerissen haben. Aber auch hier sind ökologische Folgewirkungen durch das Extremhochwasser noch nicht gänzlich abzuschätzen. Wir wären sehr dankbar, wenn sich weitere Angelverbände und Vereine finden würden, um sich an unserem Spendenaufruf zu beteiligen.
Ein Thema, welches im Zuge der Energiewende an Bedeutung gewinnt und die Verbände in Europa beschäftigt, ist die Errichtung neuer Off-shore Windparks. Dadurch werden, wie bereits bei der Wasserkraft geschehen, Gemeingüter (Meeresfläche, Wind) privatwirtschaftlich genutzt und es ist bisher noch nicht absehbar, was das genau für die Angelfischerei in diesen Gebieten bedeuten wird. Potenziell könnte der Ausschluss der Grundschleppnetzfischerei und die Errichtung neuer Strukturen (künstliche Riffe) durchaus positive Effekte haben. Allerdings gibt es auch Vermutungen, dass die erzeugten elektrischen Felder die Wanderungsaktivitäten bestimmter Fischarten einschränken könnten. Ob und in welcher Form Angler in der Zukunft einen Zugang zu Windparks bekommen, ist bisher offen. Unter Federführung des schwedischen Verbandes wird die EAA in den nächsten Monaten zu diesem Thema ein Positionspapier erarbeiten. Darin wird die EAA die Zugänglichkeit der Windparks für Angler, Kompensationszahlungen für Naturschutzprojekte und eine begrenzte Laufzeit für die Windkraftanlagen fordern.
Große Fortschritte gab es bei dem Themen Kormoran und Fischereimanagement. Zum Thema Kormoran wurde nach zähen Verhandlungen seit der letzten Generalversammlung in Hamburg ein neues Kormoran-Positionspapier verabschiedet, welches die wesentlichen Forderungen des DAFV beinhaltet. In diesem fordert die EAA ein anpassungsfähiges Populationsmodell für den Kormoran auf Ebene der Europäischen Union, welches die folgenden Ziele gewährleisten soll: Erreichung und Erhaltung stabiler Fischbestände und der biologischen Vielfalt durch Verringerung des Prädationsdrucks durch Vögel und die Erhaltung gesunder aquatischer Ökosysteme in ganz Europa. Dazu beinhaltet die Position die Feststellung, dass die bestehenden Managementmaßnahmen auf Grundlage von Artikel 9 der geltenden Vogelschutzrichtlinie unzureichend sind.
Wie bereits in unserer Meldung zum vorgeschlagenen Fangverbot der EU-Kommission für den Dorsch in der westlichen Ostsee angesprochen, sind der DAFV und die EAA überzeugt, dass es im Europäischen Fischereimanagement zu einem Umdenken kommen muss. In der EU basiert das Fischereimanagement maßgeblich auf dem Instrument des höchstmöglichen Dauerertrags (MSY=Maximum Sustainable Yield). Die Konzentration auf maximale Fänge hat zu einer Verarmung der Altersstruktur und einem Verlust des produktivsten Teils der Fischpopulation geführt hat. Dies wiederum bedroht die langfristige Nachhaltigkeit der Fischerei. Im Vergleich zu kleineren geschlechtsreifen Weibchen produzieren große Weibchen bei einer Vielzahl von Meeres- und Süßwasserfischarten weitaus mehr und oft auch größere Eier, aus denen sich Larven entwickeln können, die schneller wachsen und widerstandsfähiger gegen den Hungertod sind. Ebenso wichtig ist, dass große Weibchen bei Arten, die in Massen ablaichen, tendenziell frühere und längere Laichzeiten haben und an anderen Orten ablaichen als kleinere Weibchen. Diese Merkmale deuten darauf hin, dass große Weibchen die Hauptakteure im Bestand sind, die dazu beitragen, den individuellen Fortpflanzungserfolg in zeitlich und räumlich sehr unterschiedlichen Umgebungen sicherzustellen. Daher definiert die EAA im neuen, vom DAFV erarbeiteten Positionspapier die folgenden Ziele für das Europäische Fischereimanagement: Gesunde Alters-/Größenstrukturen in allen kommerziell genutzten Fischbeständen der EU, wie in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie gefordert, als Voraussetzung für einen guten Umweltzustand; Anerkennung des enormen sozialen und wirtschaftlichen Beitrags des Angelns für die Gesellschaft sowie der geringen Auswirkungen des Angelns auf die Ressource, da Angler sehr selektiv fischen können; die Erwägung und Prüfung möglicher Kombinationen von Maßnahmen, anstatt sich ausschließlich auf Fangbeschränkungen zu verlassen; Bestehende Bewirtschaftungsregelung zu erweitern, um alle Anforderungen der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP), der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) und anderer Politiken und Rechtsakte, die auf eine nachhaltige Fischerei abzielen, zu berücksichtigen.
Auf Antrag des DAFV wird der Sitz der EAA 2024 von Offenbach am Main nach Brüssel verlegt. Das ist aufgrund der Schließung der DAFV-Geschäftsstelle in Offenbach und dem ansteigenden Einfluss von Brüssel auf die europäische Fischereipolitik, ein logischer, konsequenter Schritt nach vorne.
Bereits am 11. Oktober wird die nächste Veranstaltung des RecFishing Forum zum Thema „Fischen für die Zukunft – Überdenken der Aufteilung von Fischereifängen für gerechtere und nachhaltigere Entscheidungen“ in Brüssel stattfinden. Vom 14. bis 15. November lädt der schwedische Verband zu einem Workshop mit dem Thema „Die Zukunft unserer Angelvereine“ nach Göteborg ein. Interessierte DAFV-Mitglieder sind herzlich eingeladen, uns zu begleiten.
Am 18. April 2024 werden sich die drei EAA-Untergruppen (Süßwasser, Meer- und die übergeordnete gemeinsame Gruppe) erneut treffen, bevor sich dann alle Verbände im September 2024 wieder zur nächsten Generalversammlung in finnischen Tampere zusammenfinden werden.

DAFV, Olaf Lindner

zurück