ANGELFISCHERVERBAND IM
LANDESFISCHEREIVERBAND WESER-EMS E.V.

Fangempfehlung für den Lachs in der Ostsee

22.09.2021

Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat am 15. September seine Fangempfehlung für Lachs in der Ostsee für das Jahr 2022 veröffentlicht. Das ICES-Gutachten enthält Vorschläge für dringende Maßnahmen zur Stärkung und zum Schutz schwacher Lachsbestände in bestimmten Ostseezuflüssen, indem die gemischte Seefischerei, sowohl für die Freizeit- als auch für die kommerzielle Fischerei, geschlossen wird und nur eine begrenzte Küstenfischerei innerhalb von 4 Seemeilen in der Ålandsee, dem Bottnischen Meerbusen und der Bottnischen Bucht erlaubt wird.

Der Deutsche Angelfischerverband (DAFV), Danmarks Sportsfiskerforbund und Sportfiskarna aus Schweden haben dazu eine gemeinsame Stellungnahme verfasst:

Die nationalen Anglerverbände Deutschlands, Schwedens und Dänemarks teilen die Analyse des ICES, dass die derzeitige Bewirtschaftungsstrategie, die auf einer gemischten Seefischerei mit einem einzigen gemeinsamen MSY-Ziel (maximum sustainable yield - Maximaler nachhaltiger Ertrag) beruht, das alle 37 Wildflussbestände umfasst, möglicherweise nicht ausreicht, um einzelne Lachspopulationen in Flüssen zu schützen, die schlechte Bestände aufweisen. Alle aktuellen wissenschaftlichen Informationen, einschließlich des jüngsten ICES-Gutachtens, zeigen sowohl eindeutige Probleme für mehrere Flussbestände auf als auch, dass die meisten schwachen Lachspopulationen in der Bewertungseinheit 5 in Polen, Litauen, Lettland und Estland vorkommen. In Übereinstimmung mit dem ICES sind die Verbände der Meinung, dass die derzeitige Bewirtschaftung ein Risiko für das Aussterben mehrerer schwacher Flussbestände darstellt. Wir stimmen daher mit dem ICES überein, was den Zustand des Ostseelachses und die Notwendigkeit einer Änderung des Lachsmanagements in der Ostseeregion angeht.

Die European Anglers Alliance (EAA), nationale Anglerorganisationen und einzelne Angler haben sich schon immer für die Gesundheit und das Wohlergehen der Lachsbestände in der Ostsee engagiert. Angelorganisationen sind aktiv an der Wiederherstellung von Flüssen beteiligt und investieren viel Zeit, Geld und Energie in das Ziel der Wiederherstellung von Flüssen und Lachspopulationen. Die Angler haben ein ureigenes Interesse am Ostseelachs und sind sich einig, dass die derzeitige Bewirtschaftung des Ostseelachses geändert werden muss, aber wir sind der Meinung, dass die Angelmöglichkeiten beibehalten werden sollten. Alle Angler kennen, verstehen und respektieren die Vorschriften, die für ihre Fischerei gelten, einschließlich der täglichen Fangbeschränkungen (Bag-limits), der saisonalen Schließungen und Mindestmaßen. Durch den Angelsport engagieren sich unsere Mitglieder, ein riesiges Reservoir an freiwilligen Arbeitskräften, bei der Flussrenaturierung, der Überwachung der Wasserqualität und der Fischereikontrolle. Diese Einbindung der Interessengruppen ist unerlässlich, wenn wir die europäischen Bürgerinnen und Bürger für das Wohlergehen des Lachses und der Umwelt im Allgemeinen gewinnen wollen.

Neben der sozialen Bedeutung des Engagements von Anglern ist auch die wirtschaftliche Bedeutung der Freizeitfischerei auf Lachs in der Ostsee von Bedeutung. Die Schleppangelfischerei ist ein wichtiger Sektor für Einkommen und Arbeitsplätze in den Küstengemeinden. Untersuchungen des Thünen-Instituts für Ostseefischerei haben ergeben, dass Lachsangler allein in Deutschland pro Person und Jahr 2.750 € ausgeben, was Gesamtausgaben von 5 Millionen € entspricht, d.h. 1.000 € pro entnommenem Lachs. Die EAA ist der Ansicht, dass die Meeresfischerei auf Ostseelachs bei richtiger Regulierung minimale Auswirkungen auf die Flussbestände haben kann und gleichzeitig die Angelmöglichkeiten und die damit verbundene wichtige regionale Wirtschaftstätigkeit erhalten bleiben.

Die nationalen Angelverbände Deutschlands, Dänemarks und Schwedens sind der Ansicht, dass eine Harmonisierung und generelle Senkung des Bag-Limits für die Freizeitfischerei auf Lachs im Meer sich positiv auf die Lachsbestände in der Ostsee auswirken wird, während gleichzeitig die Möglichkeit für die europäischen Bürger erhalten bleibt, in der Ostsee auf Lachs zu angeln.

Der Ostseelachsbestand setzt sich aus einer Vielzahl von Lachspopulationen zusammen, die aus verschiedenen Flüssen entlang der Ostseeküste stammen. Dabei werden die Bestände bzw. die einzelnen Flusspopulationen in sechs Bestandseinheiten („Assessment units“ – AUs) eingeteilt (s. Abbildung 1; ICES 2021a). Die Einteilung in die AUs erfolgte auf Grundlage biologischer und genetischer Eigenschaften der Populationen. Für die wissenschaftlichen Fangempfehlungen des ICES werden die AUs 1-5 zusammengefasst. Sie bilden die Grundlage für die Empfehlung für die ICES-Untergebiete 22-31 (gesamte Ostsee ohne Finnischen Meerbusen). Für die AU 6 (Finnischer Meerbusen, ICES-Untergebiet 32) wird eine separate Fangempfehlung veröffentlicht.

Wie das Thünen Institut in seinen Erläuterungen zu den ICES Empfehlungen ausführt, wird der Lachsbestand in der Ostsee (fressende Fische im Meer) auf 1-1,5 Millionen Tiere geschätzt. Insgesamt hat sich die Lachspopulation in der Ostsee seit den 1990er Jahren sehr positiv entwickelt. Die Gesamtfänge sind von ca. 1,2 Mio. Lachsen im Jahr 1990 wurde auf etwa 145.000 Lachse im letzten Jahr reduziert. Vor allem die Verringerung des Fischereiaufwands in der kommerziellen Fischerei, z.B. durch das Verbot der Treibnetzfischerei in der Ostsee, trug laut dem Thünen Institut dazu bei.

„Natürlich hat das Angeln auf den vermischten Lachsbestand in der Ostsee auch einen Einfluss auf Flussgebietseinheiten, in denen die Bestände keinen guten Zustand aufweisen, aber die fischereiliche Sterblichkeit ist sicher nicht die Ursache für die jeweiligen Probleme, sonst wären die Bestände in der Ostsee in den letzten Jahren insgesamt wohl kaum gestiegen. Dazu kommt der positive Einfluss der Angler durch das ehrenamtliche Engagement zum Erhalt der Bestände in ganz Europa.

Forderungen, das Angeln zu verbieten, ist für die Politik oft die erste und leider auch einzige Wahl zum Schutz der Bestände, wie man bei der Ausweisung der Naturschutzgebiete in der Ostsee in Deutschland gesehen hat. Bis heute ist das Angelverbot die einzige „Schutzmaßnahme“, die umgesetzt wurde.
Die Angler sind bereit, einen zusätzlichen Beitrag über verringerte Tagesfangentnahmen und erhöhte Mindestmaße beizutragen, aber solange die Politik unseren langjährigen Forderungen nicht nachkommt, die strukturellen und ökologischen Probleme in den jeweiligen Flussgebietseinheiten genauso vehement anzugehen, wird sich an der Gesamtsituation wohl kaum etwas ändern. Solange den Lachsen der Weg auf ihrer Wanderung in die Laichgebiete versperrt ist und über die Hälfte der wenigen Nachkommen durch überschützte Prädatoren auf ihrem Weg ins Meer aufgefressen werden, ist keine Besserung in Sicht. Ein vollständiges Angelverbot auf Lachse in der Ostsee ist an dieser Stelle sowohl unverhältnismäßig als auch nicht zielführend, daran ändert auch die neue Betrachtungsweise für das Bestandsmanagement nichts.“, so Klaus-Dieter Mau, Präsident des Deutschen Angelfischerverbandes e.V.

Die unterzeichnenden nationalen Anglerverbände möchten betonen, dass Maßnahmen zur Ermöglichung der freien Wanderung des Lachses in den Flüssen, sowohl flussaufwärts als auch flussabwärts, und Maßnahmen zur Verhinderung der Überfischung durch Raubtiere ebenso wichtig sind, wie Maßnahmen zur Bestandsbewirtschaftung.

Alle wandernden Fische haben Probleme mit kleinen Wasserkraftwerken, stillgelegten Mühlen, Wehren und anderen vom Menschen geschaffenen Hindernissen. Wenn wir unsere gemeinsamen Ziele für die Smolt-Produktion (junge Lachse, welche aus den Flüssen in die Ostsee abwandern) in der Ostsee erreichen und dadurch sowohl die kommerzielle Küsten- als auch die Freizeitfischerei nachhaltig entwickeln und das enorme wirtschaftliche Potenzial der Lachssportfischerei ausschöpfen wollen, dann müssen wir gemeinsam der Beseitigung von Hindernissen für die Fischwanderung Vorrang einräumen. Wir unterstützen daher nachdrücklich das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie 2030, mindestens 25.000 km Flüsse wieder frei fließend zu machen.

Ein weiteres wichtiges Problem für schwache Populationen ist die exponentielle Zunahme der Kormoranprädation in Flüssen und Flussmündungen. Untersuchungen des dänischen Instituts für aquatische Ressourcen (DTU Aqua) haben gezeigt, dass die Sterblichkeit von Wildlachsen durch Kormorane in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren in Lachsflüssen über 50 % betrug (Baktoft et al., 2008). Der Fraßdruck durch große Schwärme wandernder Kormorane kann besonders problematisch sein, da dies auf lokaler oder sogar nationaler Ebene nur schwer zu lösen ist, was die Notwendigkeit eines überregionalen Kormoranmanagements unterstreicht.

Dies sind die Vorschläge des Deutschen Angelfischerverbandes e.V. (Deutschland), des Danmarks Sportsfiskerforbund (Dänemark) und der Sportfiskarna (Schweden) für die Lachsbestimmungen in der Ostsee für 2022.

 

  • Ein Bag-limit von einem Lachs pro Angler und Tag für Meeresangler in den SD's 22-31.

  • Eine gemeinsame Mindestgröße für das Angeln auf Lachs im Meer.

  • Einsatz von mehr EMFAF-Mitteln für die Wiederherstellung von Flüssen und die Beseitigung von Fischwanderungshindernissen.

  • Ein Ostsee-weites Programm sollte initiiert werden, um ein ausgewogenes regionales Management von Kormoranen zu erreichen.

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