ANGELFISCHERVERBAND IM
LANDESFISCHEREIVERBAND WESER-EMS E.V.

Fische mit Persönlichkeit

18.02.2022

Der Spiegel berichtet heute, am 18. Februar, über Verhaltungsunterschiede bei Fischen ein und derselben Art. Grundlage der Informationen bildet ein Interview mit Prof. Robert Arlinghaus.
Der Wissenschaftler berichtet, dass sich Fische einer Art sehr unterschiedlich verhalten, manche sind neugierig und aktiv, andere sind eher bewegungsfaul und scheu. Fische haben demnach so etwas wie Individualität, manche Forschende sprechen sogar von Persönlichkeit. Etwas weniger vermenschlicht habe man es mit »innerartlicher Verhaltensvielfalt« zu tun. Diese Individualität von Fischen habe auch einen großen Einfluss auf die Fangbarkeit in der Fischerei.
Bei Hechten zum Beispiel ist es so, dass vor allem die viel schwimmenden Tiere an die Angel oder ins Netz gehen. Draufgänger landen so häufiger in der Pfanne. Das hat Folgen. Denn dadurch üben Angler und Fischer einen Selektionsdruck aus, unabsichtlich selektieren wir also auf die weniger umtriebigen, fast schon »schüchternen« Fische, weil die eher überleben. Das kann auch ökologische Folgen haben.
An stark von Speerfischerei betroffenen Korallenriffen hat die höhere Schüchternheit von algenweidenden Fischarten dazu geführt, dass die gestiegene Algenmenge den Korallen weiter zugesetzt hat. Bislang blieben derlei Phänomene, die sich auf die Wechselbeziehungen zwischen Räuber und Beute beziehen, unter der Wasseroberfläche weitgehend verborgen.
Die Wissenschaftler um Arlinghaus haben tierexperimentelle Forschungsanträge gestellt und nach der Freigabe den Fischen akustische Sender in die Bauchhöhle eingepflanzt. Im See haben wir unter Wasser mehrere Hydrophone verteilt. Die Ultraschallsignale aus den Sendern der Fische werden dann an den Hydrophonen empfangen und gespeichert. „Wir fahren dann alle paar Wochen auf den See, ziehen die Hydrophone an Bord und lesen die Daten aus. Am Computer werden dann die Fischpositionen berechnet.“
Die Fische selbst würden die Signale nicht wahrnehmen, unsere Süßwasserfische zum Beispiel sind für die verwendete Ultraschallfrequenz von 200 Kilohertz »taub«. Aber im Meer kommen auch durchaus Arten wie Meeressäuger oder Robben vor, die Ultraschall hören können. Ein »piepender« Fisch kann auch von Robben gefressen werden. Der Sender läuft weiter – aber aus dem Magen der Robbe, das Bewegungsmuster ist dann komplett anders. Um solche Fehler zu korrigieren und die Ortungsmethoden ständig zu verbessern, brauchen wir die enge Zusammenarbeit mit Elektroingenieuren, Statistikern und Informatikern.
Man hofft, in Zukunft immer mehr Stimmen im Orchester der Arten miteinbeziehen zu können: mehr Fischarten, mehr Lebensräume, vielleicht sogar die Interaktionen zwischen Land- und Wassertieren oder zwischen Kormoranen, Robben, Seeadlern und Fischen. Bislang forschen viele Teams getrennt und die Daten werden nicht zwangsläufig ausgetauscht. Hier gibt es aber Ansätze zur Kooperation. So könnte man in Zukunft versuchen, durch koordinierte Experimente auch globale Faktoren wie die Wirkung des Klimawandels oder der Umweltverschmutzung auf das Verhalten von Tieren und auf die Tierpopulationen zu verstehen.
Auf die Frage nach einer Angler-Apps, die genau verrät, wo man welche Fische fangen kann, antwortet Arlinghaus:
Mich als Angler würde das natürlich brennend interessieren. Allerdings ist uns der Fisch hier noch voraus. Wir könnten zwar ungefähr sagen, wo die Fische wann wahrscheinlich sind, aber wir wissen nicht, ob die Fische dann auch anbeißen wollen. Diese Art Vorhersagen funktionieren nicht. Denn Fische sind intelligent, auch das haben unsere Experimente gezeigt.
Karpfen sind zum Beispiel ganz besonders lernfähig, oft schwimmen sie zwar um die Angelköder herum, aber sie wissen ziemlich genau, was sie mit den Ködern anstellen, in denen auch ein Haken steckt. Unsere Kameraufnahmen zeigten, dass die Karpfen in der Lage waren, den hakenbewehrten Köder sofort wieder auszuspucken. Erfahrene Karpfenangler können davon ein Lied singen. Eins ist klar: Man sollte Fische nie unterschätzen.

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